Donnerstag, 30.07.2015

Das Barometer ist wieder gestiegen und damit auch die Stimmung. Nicht nur bei uns an Bord, sondern in der Marina ganz allgemein. Nach den gruseligen, windigen Regentagen scheint heute endlich wieder die Sonne. Das Leben findet wieder im Freien statt. Die Kuchenbude, die uns so schön vor Wind und Regen geschützt hat, verschwindet in der Backskiste, das Bimini wird wieder angebracht.

Viele Yachten haben die Marina heute verlassen, es ist hier ziemlich leer geworden. Da fällt es uns fast ein bisschen schwer, dem Herdentrieb zu widerstehen und bei unseren Plänen zu bleiben. Morgen soll ja hier im Norden der Sommer stattfinden, das wollen wir nicht verpassen und aktiv dabei sein! Wir legen morgen früh ab und segeln in einem Rutsch nach Helgoland. Etwa 160 Seemeilen liegen vor uns, ein letzter Törn über Nacht.

Schon wieder etwas, das auf dieser Reise zum letzten Mal stattfindet.

 

Der Regen ist vorbei, der Spielplatz wieder gut besucht:

 

Die Kutterflotte von Texel ist gut in Schuss. Hier wird daran gearbeitet, dass das auch so bleibt:

Dienstag, 28.07.2015

Texel, 10 Uhr, 14 Grad, Regen, windig - und die Frisur sitzt. Aber nicht wirklich. Unter der dicken Pudelmütze hat keine Frisur eine Chance, Haarspray hin oder her. Kalt und ungemütlich ist es, zu jedem Spaziergang müssen wir uns aufraffen, geschickt die Lücken zwischen den Regenschauern nutzen. Die vielen Kinder sind trotzdem guter Dinge und mit Eimer und Kescher unterwegs. Auf dem Kunstrasenfußballfeld spielen die älteren Kinder Fußball oder Wasserball, wie man es nimmt. Auf der Wiese gleich bei der Marina lassen einige Kinder ihren Drachen steigen. Das Beste draus machen, sich nicht grämen und es nehmen, wie es kommt. Irgendwann ist das schlechte Wetter durchgezogen und die Sonne scheint wieder, ganz bestimmt.

 

Zum Seehunde gucken wird auch bei schlechtem Wetter gefahren:

 

Typisches Plattbodenschiff unter Segeln:

Sonntag, 26.07.2015

Wie vorhergesagt, legte sich der Sturm im Laufe der Nacht, und am heutigen Morgen wehte nur noch ein laues Lüftchen. Nichts ist kaputt gegangen, Glück gehabt. Die Lufttemperatur hat sich abgekühlt, mehr als 18° sind heute nicht drin gewesen. Leider ist das nächste Tief schon in Sicht, ab Dienstag wird "Andreas" dafür sorgen, dass es ungemütlich und wenig sommerlich bleibt. Die Wind- und Wetteraussichten bringen unsere Reisepläne ganz schön durcheinander. Wir hatten es uns so schön ausgemalt, verschiedene Inseln anzulaufen und Freunde mit ihren Booten zu treffen, die gerade dort ihren Urlaub verbringen. Mal sehen, wann wir weitersegeln können und ob das eine oder andere Treffen noch zustande kommt. Aber so ist das nun einmal - wir können den schönsten Törnplan im Kopf haben, das Wetter bestimmt letztlich, was davon stattfindet und was nicht.

Es gibt allerdings Schlimmeres, als einige Tage auf Texel auf passendes Wetter zu warten. Heute haben wir uns dem kulturellen Leben auf der Insel zugewandt und das Kaap Skil Museum van Jutters & Zeelui, also das Strandräuber- und Seefahrtmuseum, besucht. Sehenswert und informativ. Neben einer großen Sammlung von Fundstücken, die aus versunkenen Wracks geborgen wurden, gibt es auch ein Freilichtmuseum und eine sogenannte Jutterei. In einer Scheune sind besondere Fundstücke vom Texeler Strand ausgestellt. Unglaublich, was so alles angeschwemmt wird. Eine Abteilung widmet sich Schuhen, und unter den unzähligen Badelatschen und Turnschuhen, die am Strand gefunden wurden, findet sich auch ein Skistiefel.

 

Nettes Symbol. Es bedeutet aber nicht, dass hier eine Treppe zu benutzen ist, sondern dass sich hier eine Leiter für den Notfall befindet:

 

Von Texel aus sind die Schiffe der Vereinigten Ostindien Companie zu ihren langen Reisen aufgebrochen. Auch eine "Amazone" war dabei:

 

 

Die Jutterei, eine Scheune voller Strandfunde:

Sonnabend, 25.07.2015

Der Barograph hat eine zuvor noch nie dagewesene steile Abwärtskurve aufgezeichnet, was sehr Schlimmes ankündigt. Wäre diese Kurve und die dramatische Windvorhersage nicht gewesen, hätte man heute Vormittag bei blauem Himmel und nur wenig Wind noch an einen sehr schönen Tag glauben können. Es zogen aber immer mehr dunkle, Unheil verheißende Wolken auf. Kurz nach 14 Uhr brach dann sehr plötzlich der Sturm los, 8 Beaufort, in Böen 10. Von einer Minute zur anderen, ganz so, als ob jemand einen Schalter umgelegt hätte, fing es an zu stürmen. Es pfiff und heulte in den Masten und Wanten, Fallen schlugen und klapperten, der Sturm drückte die Boote auf die Seite, die an den Leinen rissen. Der Wind zerrte an den Fockschläuchen und Segelpersenningen, die im Wind knatterten. Es war ein ohrenbetäubender Lärm, wütendes Sturmgeheul, von kräftigem Regen begleitet. Eine Demonstration von Macht und Gewalt, Naturgewalt. Auf den Stegen war alles auf den Beinen und gemeinsam wurden Boote abgehalten, Leinen belegt, weitere Fender aufgehängt. Jede helfende Hand war willkommen.

Es war Glück im Unglück, dass der viele Wind bei Tageslicht und nicht in dunkler Nacht über uns hergefallen ist. Gut, dass die Amazone allein in einer Doppelbox liegt und nirgends an einem Fender scheuert.

Der Höhepunkt des Sturms war etwa gegen 17 Uhr erreicht. Die Böen verloren an Heftigkeit, es wehte "nur" noch mit etwa 7 Beaufort. Im Laufe der Nacht soll der Wind weiter abnehmen, aber es bleibt wohl weiterhin windig, regnerisch und kühl.

 

Gruselige Kurve auf dem Barographen von heute Morgen, 9 Uhr:

 

Das hat die Kurve angekündigt: Sturm und Regen - die Amazone gegen 15.30 Uhr mit Schräglage in der Box:

 

Nach achtern ist die Aussicht auch nicht besser:

 

 Es geht wieder aufwärts, aufgenommen 17.30 Uhr:

Freitag, 24.07.2015

Beim Studieren der Wind- und Wettervorhersage für die nächsten Tage standen uns gestern Abend die Haare zu Berge. Was kommt denn da angebraust? Für einen Herbststurm ist es doch noch viel zu früh! Sturm aus Nordwest der Stärke neun mit Böen von zehn Beaufort haben wir noch nie erlebt und sind auch nicht scharf darauf. Unsere Reisepläne mussten wir ändern, wurden im Marinabüro vorstellig und haben erst mal für zwei weitere Tage das Liegegeld bezahlt. Außerdem haben wir in eine andere Box verholt, in der wir den Seitenausleger der Steganlage auf der richtigen, nämlich der Luv-Seite haben. So wird der Wind die Amazone nicht auf den Ausleger drücken, sondern sie davon fernhalten. Zusätzliche Leinen mit Ruckdämpfern haben wir auch ausgebracht.

Als wir diese Vorbereitungen erledigt hatten, haben wir uns auf den Weg zur Fahrradvermietung, die hier am Hafen zu finden ist, gemacht. Wir sind quer über die Insel nach De Koog geradelt. Während der Hafen Oudeschild auf der Wattenseite der Insel liegt, liegt De Koog auf der Nordseeseite. Flaches Land, (noch) wenig Wind, der Himmel bedeckt - da macht das Radfahren Spaß. Seit mehr als einem Jahr haben wir auf keinem Fahrrad mehr gesessen, verlernt haben wir aber nichts. In De Koog sind wir zum Strand spaziert, haben uns in der Fußgängerzone umgeschaut und in einem Fischrestaurant zu Mittag gegessen. Hier mussten mehrere Gäste ihr Essen gegen räuberische Möwen verteidigen. Eine Möwe hat gleich die ganze Kunststoff-Schale, in der der Fisch und die Pommes Frites angerichtet waren, gestohlen. Kurzerhand nahm sie die Schale in den Schnabel und flog davon.

Auf dem Rückweg haben wir noch einen Abstecher in den Ort Den Burg gemacht. Auch ein netter, sehr touristischer Ort. Hier haben wir nach einem Jahr zum ersten Mal wieder eine deutsche Tageszeitung gekauft. Wir müssen schließlich an unserer Wiedereingliederung arbeiten.

Zurück an Bord hat Ingo das Bimini, unseren Sonnenschutz, abgebaut und die Cockpitpersenning, die sogenannte Kuchenbude, aufgebaut. Seit einem Jahr lag sie unbeachtet in der Backskiste, niemand hatte sie vermisst. Bei einem schönen Stück Kuchen haben wir sie auch gleich eingeweiht. Wenn es morgen stürmt und regnet, können wir prima darunter im Cockpit sitzen, Zeitung lesen und hoffen, dass sich das Wetter bald wieder bessert.

 

Fischkutter im Hafen von Texel:

 

 

Am Strand von De Koog - einige ganz Tapfere haben sich ins kalte Wasser getraut:

 

Ruhe vor dem Stum in der Marina in Oudeschild/Texel:

 

Donnerstag, 23.07.2015

Die Tide hat uns heute wieder früh aus der Koje gejagt, und um 7.30 Uhr machten wir die Leinen los, um nach Texel zu segeln. Bei herrlichem Sonnenschein und drei bis vier Beaufort westlichem Wind legten wir die 39 Seemeilen in sechs Stunden zurück. Die Marina ist wesentlich besser besucht, als im letzten Jahr bei unserem ersten Besuch. Jetzt ist Hochsaison, da ist das auch kein Wunder. Einige Boxen waren aber noch frei, so dass wir keine Probleme hatten, einen Liegeplatz zu finden. Im Laufe des Nachmittags füllte sich der Hafen weiter, so dass jetzt nur noch sehr wenige Plätze frei sind. Es war ein ganz eigenartiges Gefühl, an der Insel entlang zu segeln und sich zu erinnern, im letzten Jahr in die entgegengesetzte Richtung gesegelt zu sein. Was wir damals noch alles vor uns hatten! Mit so vielen unterschiedlichen Hoffnungen, Erwartungen und Gefühlen im Gepäck waren wir gestartet. Sooo viele Monate hatten wir Zeit für unser Abenteuer, sooo weit entfernt schien der Tag der Rückkehr. Und jetzt? Die Zeit ist verflogen, der Tag der Rückkehr in greifbare Nähe gerückt. Und was ist aus den Hoffnungen und Erwartungen geworden? Sie wurden erfüllt, sogar mehr als das, sie wurden übertroffen. 

 

Ein Schuh auf diesem Foto zeigt sehr deutlich, dass wir in Holland sind:

 

In den Hafen von Texel läuft gerade das Schiff ein, mit dem die Touristen zum Krabbenfischen fahren können:

 

Da ist sie ja mal wieder, die kleine Ente! Heute am Strand von Texel:

Mittwoch, 22.07.2015

Gestern hatten wir mit 83 Seemeilen einen relativ langen Törn und sind erst spät hier in Ijmuiden angekommen. Nach dem netten Empfang hatten wir uns mit Simone und Dirk bei uns Bord eine Menge zu erzählen. Für heute haben wir uns überlegt, dass wir nicht gleich weitersegeln, sondern mit dem Bus einen Ausflug nach Amsterdam unternehmen. Die Wind- und Wettervorhersage bleibt für uns in den nächsten Tagen günstig, so dass einem Besuch dieser wunderschönen Stadt nichts im Wege stand.

Zweimal in der Stunde fährt der Linienbus hier in der Marina ab und ist etwa eine Stunde bis in die Innenstadt von Amsterdam unterwegs. Bei herrlichem Sonnenschein spazierten wir durch die geschäftige Großstadt und stellten fest, dass wir schon sehr lange nicht mehr so viele Menschen um uns herum hatten. Amsterdam, die Hauptstadt der Niederlande, hat immerhin 780.000 Einwohner und wird jedes Jahr von hunderttausenden Touristen aus aller Welt besucht. Die Stadt kann mit vielen Sehenswürdigkeiten, weltberühmten Museen und einem ebenso berühmten Rotlichtviertel aufwarten. Sie ist die Stadt der Fahrräder, Grachten und Coffee Shops.

Die Grachten, die die Stadt durchziehen, geben ihr dieses besondere Flair. Ob man nun eine Grachtenrundfahrt unternimmt oder sich das bunte Treiben auf den Kanälen von einer der unzähligen Brücken ansieht, es ist  außergewöhnlich und gibt dieser Großstadt etwas Gemütliches.

Aber nicht nur die Grachten ziehen die Touristen an. Amsterdam hat noch mehr zu bieten, was andere europäische Großstädte nicht haben - zum Beispiel die vielen Coffee Shops. In diesen Lokalen wird das Verkaufen und Rauchen von Cannabis von der Polizei toleriert. Der Handel unterliegt jedoch strengen staatlichen Auflagen und Kontrollen. An Minderjährige ist der Verkauf selbstverständlich verboten, pro Kunde darf nur eine Menge von fünf Gramm abgegeben werden, harte Drogen sind streng verboten, und nur ganz wenige Coffee Shops haben eine Lizenz zum Ausschank von Alkohol.

In einem Coffee Shop waren wir nicht, fanden uns aber plötzlich und unversehens im Rotlichtviertel wieder. Das Amsterdamer Rotlichtviertel ist eins der beliebtesten touristischen Ziele in Holland. Und das nicht, um tatsächlich "aktiv" zu werden, sondern weil Mann und Frau sich hier ganz unverbindlich umschauen kann. Das Viertel liegt mitten im Zentrum der Stadt, nichts ist abgeriegelt oder gar schmuddelig. Die leicht bekleideten (und hübschen) Damen sitzen oder stehen Tag und Nacht in Schaufenstern und gehen ganz legal ihrem Gewerbe nach. Sex Shops, Theater und Bars wie das "Moulin Rouge" oder die "Bananenbar" runden das Angebot ab. Junge Frauen, die hier in den Kneipen ihren Junggesellinnen-Abschied feiern sind genauso anzutreffen, wie japanische Touristengruppen. Vom Tourismusbüro werden auch Führungen durch das Viertel angeboten.

Uns fällt in der Nähe des Hauptbahnhofes gleich neben dem Schiffahrts Museum ein großes Gebäude auf. Mit etwas Phantasie ähnelt es einem Schiff. Es ist das NEMO, ein Technologie Museum der Wissenschaften. Das Dach ist frei zugänglich und ein beliebter Treff- und Aussichtspunkt. Auch wir genießen bei einem Kaffee die grandiose Aussicht über Amsterdam und machen uns am späten Nachmittag auf den Rückweg zurück an Bord.

 

Bei Simone und Dirk auf der "Germane":

 

 

Idyll in der Großstadt:

 

 

Straßenkünstler (einer der Akteure springt über vier Freiwillige hinweg).

 

Das NEMO mit dem belebten Dach:

 

 

Der Himmel hängt voller Segelboote:

 

Suchbild: Wo ist das Kreuzfahrtschiff?

 

Blick vom Dach des NEMO auf den Nachbau der "Amsterdam" von 1991 und das Schiffahrts Museum:

 

Der Brauch mit den Liebes-Schlössern wird auch in Amsterdam gepflegt:

 

Dienstag, 21.07.2015

Gestern Vormittag haben wir uns von Jan verabschiedet. Ein paar Tage war er zusammen mit Klaus auf der "Lubini", jetzt fährt er schon wieder zurück nach Deutschland. Den verregneten Vormittag haben wir dazu genutzt, einiges am Computer zu erledigen, die Amazone aufzuräumen und "Klar Schiff" zu machen. Als dann am Nachmittag der Himmel aufriss, haben wir uns auf den Weg gemacht, um uns Breskens mal ein bisschen anzusehen. Wir sind zum ersten Mal hier, vom Namen her kennen wir den Ort aber schon länger. Unser vorheriges Boot, eine Standfast 27, ist bei der ehemaligen Standfast-Werft 1978 hier in Breskens gebaut worden. Und tatsächlich finden wir den verblassten Schriftzug "Standfast Jachtbouw" noch an der Halle, in der jetzt ein anderer Betrieb untergebracht ist.

Wir spazieren noch durch den schönen, kleinen Ort, der den Wandel vom Fischerdorf zum Touristenort in den letzten Jahren durchgemacht hat. Wie wir einer Broschüre entnehmen, sind in den nächsten Jahren einige weitere Veränderungen geplant, um den Ort noch attraktiver zu machen. Viele Restaurants und ein kleines Einkaufszentrum gibt es aber heute schon. Der Veranstaltungskalender verrät uns, dass im August das alljährliche Fischereifest gefeiert wird. Alle zwei  Jahre werden auf diesem Fest zwei Hoheiten gewählt: die Fischereikönigin und die Garnelenprinzessin. Leider kann ich weder Königin noch Prinzessin werden, da  sich nur Damen zur Wahl stellen können, die aus Breskens stammen.

Es stand dann noch ein zweiter Abschied an. Wir mussten uns von Klaus und der "Lubini" trennen. Die Amazone segelt weiter über Ijmuiden und verschiedene Nordsee-Inseln nach Hause, während die "Lubini" ab Vlissingen binnenwärts zu ihrem Heimathafen nach Lemmer fährt. In Jolly Harbour auf Antigua hatten wir uns kennen gelernt. Damals kam Klaus barfuß und gut gelaunt zu uns an Bord. Er kannte unser (B)logbuch und freute sich, dass die "Lubini" und die Amazone tatsächlich endlich einmal am selben Steg lagen. Gutgelaunt und barfuß ist Klaus in Breskens immer noch, aber unsere gemeinsame Segel-Zeit ist jetzt vorbei. Abschiede sind einfach fürchterlich und traurig, aber leider auch ebenso unausweichlich.

Heute Morgen um kurz nach acht wollten wir ablegen, um nach Ijmuiden zu segeln. Klaus hatte sich extra den Wecker gestellt, um dabei zu sein. So heißt es tapfer zu sein, wir nehmen uns zum Abschied einmal kurz in den Arm, wünschen uns gegenseitig eine gute Weiterreise und freuen uns auf ein Wiedersehen an Land.

Bei westlichem Wind von vier bis fünf Beaufort (was sind wir für Glückspilze!) segeln wir mit Großsegel und ausgebaumter Genua an der niederländischen Küste entlang. Es herrscht reger Schiffsverkehr, besonders bei der Zufahrt nach Rotterdam heißt es aufpassen. Wie an einer Perlenschnur  reihen sich die Frachter, Tanker und Fähren aneinander, die in den Hafen von Rotterdam fahren wollen. Es klappt alles wunderbar, und als wir das Fahrwasser queren, haben wir freie Bahn.

Die Amazone wurde übrigens in Ijmuiden bereits erwartet. Simone und Dirk, wie wir erfahren haben treue (B)logbuchleser, haben unser AIS-Signal ausgemacht und uns per UKW-Funk gerufen. Auch einen Liegeplatz hatten sie schon für uns organisiert - wir liegen direkt neben ihrer "Germane". Nach 83 Seemeilen hatten wir gegen 22.30 Uhr die Marina in Ijmuiden erreicht und noch einen schönen Abend mit Simone und Dirk verbracht. Mal wieder bestätigt sich, dass es die Begegnungen sind, die diese Reise so besonders machen.

 

Hübsche Skulptur am Hafen in Breskens:

 

Im Hafen von Breskens liegt dieser ehemalige Kutter. Heute dient er als Fischladen und ist reich und phantasievoll dekoriert:

 

 

Auch diese beiden Damen befinden sich auf dem ehemaligen Kutter:

 

Tschüß Klaus, es war eine schöne Zeit mit Dir!

 

Sonntag, 19.07.2015

Ja, in Oostende hätten wir noch einen Tag bleiben und eine Menge unternehmen können. Zum Beispiel eine Fahrt mit der "Kusttram" - der Küstenstraßenbahn. Mit einer Länge von 68 Kilometern und 69 Haltestellen ist sie die längste Straßenbahnlinie der Welt. Sie führt von De Panne an der Grenze zu Frankreich über belgische Küstenorte bis nach Knokke an der Grenze zu den Niederlanden. Teilweise führt die Strecke direkt an der Nordseeküste entlang, teilweise auch durch Dünenlandschaften. Eine Haltestelle befindet sich gleich hier am Yachthafen. Die "Kusttram" muss aber ohne uns fahren, da es uns schon wieder weiterzieht.

In dem netten Hafenmeister vom RYCO hat die Amazone übrigens einen weiteren Fan gefunden. Er fand sie sehr hübsch, und als ich ihm erzählte, dass sie schon seit 13 Monaten mit uns auf großer Fahrt ist, meinte er, wir alle drei sähen aber gar nicht verwildert aus. Zum Abschied hat er uns hinterher gewunken und zu uns herübergerufen: "Kommt wieder! Ich warte auf Euch!" Ich warte auf Euch und werde da sein, wenn ihr irgendwann wiederkommt - genau das hatte Michael Glatz - "Shrimpy" - auf St. Martin beim Abschied zu uns gesagt.

Mit Großsegel und ausgebaumter Genua segelten wir nach Breskens, unserem heutigen Ziel, bei vier bis fünf Beaufort westlichem Wind. Immer schön an der mit Betonklötzen gesäumten Küste entlang. Die Tide hatte uns eine nette Abfahrtszeit von 12.30 Uhr beschert. Der Tidenstrom ließ die Amazone mit bis zu zehn Knoten über Grund dahinschießen. Nach 4,5 Stunden hatten wir die 29 Seemeilen bei herrlichem Sonnenschein zurückgelegt.

In der großen Marina in Breskens, dem südlichsten Hafen der Niederlande, gibt es einen "Melde Steiger", also einen Steg, an dem die ankommenden Gäste kurz festmachen und sich über ein dort installiertes Telefon im Marinabüro anmelden. Hat auch prima geklappt, wir bekamen einen Platz zugewiesen. Und welches Boot hat kurz nach uns drei Boxen weiter angegelegt? Richtig, die "Lubini". Klaus hat uns eingeladen, und so kamen wir noch in den ganz besonderen Genuss, fern der Heimat ein sonntägliches Ritual zu pflegen: Tatort gucken! Dass es eine Wiederholung von 2013 war, hat niemanden gestört.

Wir sind jetzt also in den Niederlanden, was bedeutet, dass wir in zwei Tagen drei Länder bereist haben. Gestern Morgen waren wir noch in Frankreich, gestern Abend in Belgien, und jetzt sind wir in Holland! Die Gastlandflaggen unter unserer Saling wechselten sich fröhlich ab. Wobei die französische Flagge insgesamt am längsten und häufigsten dort geweht hat.

Was hat es mit den Gastlandflaggen eigentlich auf sich? Flaggenführung auf Schiffen und Booten ist - wie fast alles im Leben - bestimmten Regeln unterworfen. Bei Wikipedia ist es ergänzend so beschrieben: "Eine Gastlandflagge ist eine kleine Nationalflagge des Landes, in dem sich ein ausländisches Schiff gerade befindet. Es ist seemännischer Brauch, im Ausland auf der Steuerbordseite am Schiffsmast zu Ehren des Gastlandes dessen Nationalflagge zu setzen. Weiterhin soll mit dem Hissen der Gastlandflagge zum Ausdruck gebracht werden, dass man sich den Gesetzen des besuchten Landes unterordnet. Die Flagge sollte immer höher, mindestens jedoch so hoch wie die eigene Nationalflagge am Mast angebracht werden."

Es wird immer nur eine Gastlandflagge zurzeit geführt. Keine Regel ohne Ausnahme: Auf der letzten Fahrt einer Auslandsreise werden die Gastlandflaggen aller auf der Reise besuchten Länder in alphabetischer Reihenfolge gesetzt. Na, da wird es aber schön bunt flattern!

 

Die niederländische Flagge war die erste, die wir vor 13 Monaten gesetzt haben. Sie ist auch die letzte:

Sonnabend, 18.07.2015

Nach den zwei arbeitsreichen Tagen in Dünkirchen wollten wir heute mal wieder segeln gehen. Bei herrlichem Sonnenschein und drei bis vier Windstärken aus westlicher Richtung war es das reinste Vergnügen, dicht unter der Küste nach Oostende in Belgien zu segeln. Die 27 schönen Seemeilen legte die Amazone unter Großsegel und Genua in 4,5 Stunden zurück. Viele Segelboote waren unterwegs, kamen uns entgegen oder kreuzten unseren Kurs. Es begegnen uns seit einer Weile immer mehr Boote, die kein AIS-Signal senden. Das aufgeräumte Bild, das auf dem Plotterdisplay zu sehen ist, stimmt nicht mehr mit der Realität überein. So konnten wir in den letzten Monaten immer schön am Plotter ablesen, in welchem Abstand uns ein Boot passieren wird. Bei fehlendem Signal müssen wir das jetzt wieder selbst abschätzen.

Im RYCO, dem Royal Yacht Club Oostende, hat uns ein äußerst freundlicher und hilfsbereiter Hafenmeister eine Box zugewiesen und uns mit Informationsbroschüren über die Stadt versorgt. Viele Kringel hat er in den Stadtplan gemalt - Lidl, Fischmarkt, gute Restaurants, kostenloser Fahrradverleih - alles ist vermerkt. Das Liegegeld beträgt 21 Euro, alles inklusive. In Dünkirchen haben wir übrigens 24 Euro pro Tag bezahlt, 2 Euro mehr als im Vorjahr. Na ja, die neuen Sanitäranlagen haben wohl diesen Aufschlag notwendig gemacht.

Gemeinsam mit Klaus und Jan, die mit der "Lubini" in der Box neben der Amazone liegen, haben wir einen Stadtbummel unternommen. Der RYCO liegt etwa 20 Gehminuten vom Centrum entfernt. Von der Innenstadt waren wir ganz überrascht. Wir hatten uns die Stadt gar nicht so groß und lebendig vorgestellt.

 

Anderes Land, andere Gastlandflagge:

 

Oostende hat einen neun Kilometer langen Sandstrand mit unzähligen hässlichen Hochhäusern: 

 

Kunst im öffentlichen Raum; im Hintergrund ein "eingezwängtes" Haus:

 

Belgien, das Land der leckeren Pralinen:

 

Die beeindruckende St. Petrus und Pauluskirche:

Freitag, 17.07.2015

Als wir vor einem Jahr hier in der Marina in Dünkirchen waren, befand sich das Gebäude, in dem das Büro und die sanitären Anlagen untergebracht werden sollten, gerade im Bau. Inzwischen ist alles fertiggestellt. Der Hafenmeister hat im ersten Stock ein großes Büro mit Hafenblick, im Erdgeschoss befinden sich die Toiletten und Duschen. Eine Waschmaschine und ein Trockner sind ebenfalls vorhanden. Auch die Bauarbeiten rund um das Marinagelände sind abgeschlossen. Eine aufwendige Fußgängerbrücke verkürzt jetzt den Weg an den Strand und zur Promenade ganz erheblich. Schon interessant, die Veränderungen so zu erleben.

Gestern und heute waren wir ziemlich fleißig. Es standen einige Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten an. So musste beim Bimini eine Naht nachgenäht werden. Gestern haben wir es zum Segelmacher gebracht, der etwa 30 Minuten Fußmarsch entfernt seine Werkstatt hat. Heute konnten wir es wieder abholen und anbringen. Der Flugrost musste von den Edelstahlteilen entfernt werden, der Einbauwassertank musste gründlich gereinigt werden. Außerdem war mal wieder eine umfangreiche Wartung des Motors fällig.

Motorwartung bedeutet, dass es an Bord sehr ungemütlich wird und ich mich am besten an Land beschäftige. Also habe ich mich mit einem Hackenporsche über die schöne neue Brücke auf den Weg zum Supermarkt gemacht. Anschließend noch schnell zwei Maschinen Wäsche gewaschen, dann war dieser Tag auch schon fast wieder herum.

Eine nette Überraschung gab es dann auch noch. Die "Lubini" ist hier angekommen.

 

Die neue Fußgängerbrücke: 

 

Die Kinder lassen sich ihre Baguettes schmecken:

 

Wer will, kann sich ein "Strandhaus" mieten:

Donnerstag, 16.07.2015

Die Amazone meldet sich mal wieder zu Wort:

Es ist schon fast drei Monate her, dass ich mich gemeldet habe. Drei aufregende, anstrengende und bunte Monate waren das. Ich hatte ja vermutet, dass das süße, warme Leben in der Karibik irgendwann zu Ende gehen könnte und ich die vielen Seemeilen wieder zurück segeln muss. Habe mal wieder recht gehabt. Erst haben die beiden unglaublich viel eingekauft, weitere Dieselkanister kamen an Bord, alles mögliche wurde kontrolliert, geputzt und gewaschen. Kurzum, es herrschte sehr geschäftiges Treiben bei uns. Aufbruchstimmung machte sich breit, die kleine Gummiwurst wurde zusammengerollt und verstaut, der Anker wurde ein letztes Mal aus dem weißen Sand aufgeholt, und dann war der Moment des Abschiednehmens da: Good bye Karibik. Das war eine merkwürdige Stimmung bei den beiden. Hätte nur noch gefehlt, dass einer angefangen hätte zu heulen.

Einige Tage waren wir schon ganz gut unterwegs, als sich uns plötzlich mitten auf dem weiten Meer ein Hindernis in den Weg gelegt hatte. Ich hatte gerade so ein bisschen vor mich hin gedöst und schon an den nächsten Ankerplatz gedacht, wo ich mich ausruhen und einige meiner neuen Bekannten treffen würde. Da taucht doch so mir nichts dir nichts ein riesiger Wal vor mir auf! Liegt der da faul und unbeweglich genau auf meinem Kurs! Unglaublich. Zum Glück kam gerade eine Welle, die mich fast über ihn weggehoben hat. Ganz habe ich es aber nicht geschafft und ihn mit meinem Ruderblatt erwischt. Ist nochmal gutgegangen, aber der Schreck ist mir ganz schön in die Spanten gefahren. Und wie der mich angestarrt hat! Na ja, vielleicht hat er auch gerade gedöst und sich erschreckt. Wir sind aber dann gut angekommen auf dieser Insel, die so heißt, wie die kurzen Hosen, Bermuda. Einige meiner Kumpel waren schon da, das gab vielleicht ein Hallo! Ein Rufen und Winken war das, herrlich! Ein paar schöne Tage in netter Gesellschaft hatten wir da. Das Wasser war aber schon nicht mehr so schön warm und türkis.

Nach ein paar Tagen ging es auch schon wieder los. Viele Leute haben uns zum Abschied gewunken und manche haben sogar ganz laut getutet, und schon waren wir wieder auf dem großen, tiefen Wasser unterwegs. Wir kamen ganz gut voran. Manchmal, wenn der Wind fehlte, musste der Volvo ein bisschen mithelfen. Aber das Schlimmste war, dass es immer kälter wurde. Nicht eisig kalt, aber eben nicht mehr so schön warm, wie ich es in den letzten Monaten gewohnt war. Irgendwann hatten wir es geschafft und diese Inseln erreicht, die mitten im Atlantik liegen. Wie heißen die noch? Ach ja, die Azoren.

Allmählich hätte es mit den langen Strecken auch mal gut sein können. Aber nein, die nächste Etappe war auch noch mal sehr, sehr lang - und anstrengend. Manchmal nur wenig oder gar kein Wind, und der Volvo musste sich dann voll reinhängen. Brumm, rappel, vibrier, nerv. Irgendwann war es tatsächlich geschafft. In einer Bucht haben wir an einer Mooringboje festgemacht. Wie heißen diese Inseln noch gleich, kurz vor England? Ja genau, die  Isles of Scilly.

Hier gab es auch nur eine kurze Verschnaufpause, es ging fröhlich weiter von Hafen zu Hafen. Aber nur noch kurze Strecken. Immer schön gemütlich an der Küste lang. Das ist aber auch nicht langweilig. Gestern zum Beispiel ging es über den Ärmelkanal, wie ein gehetzter Hase zwischen den ganz dicken Pötten durch. Immer schön mit viel Abstand, aber trotzdem. So viel Verkehr bin ich gar nicht mehr gewohnt.

Unsere schöne und lange Reise geht jetzt bald zu Ende. Noch sechs oder sieben Häfen, dann schwimme ich wieder im Weserwasser! Oh wie ich mich schon auf meine Box in Bremerhaven freue! Unterwegs zu sein ist ja ganz schön, aber nach langer Zeit nach Hause kommen ist mindestens genauso schön!

 

Mittwoch, 15.07.2015

Wind, Wetter und Tide bestimmen, wann und wohin wir segeln. Und so ging es heute auch schon gleich weiter. Die Bedingungen waren günstig, um den Ärmelkanal zu überqueren und nach Frankreich zu fahren. Es stand also ein anspruchsvoller Törn auf dem Programm. Denn mit einem kleinen Segelboot den vielbefahrenen Ärmelkanal zu queren ist in etwa so, als ob ein Fußgänger eine mehrspurige Autobahn überquert. Wobei das kleine Segelboot im Gegensatz zum Fußgänger nichts Verbotenes unternimmt, aber natürlich die Vorschriften einzuhalten hat. Die besagen zum Beispiel, dass die in den Seekarten verzeichneten Fahrwasser im rechten Winkel zu passieren sind. AIS und Radar erleichtern eine Querung enorm, trotzdem ist volle Aufmerksamkeit und Konzentration gefordert.

Bei westlichem Wind von vier bis fünf Beaufort verließen wir um 9.30 Uhr Dover, nicht ohne zuvor Dover Port Control um die Erlaubnis zur Ausfahrt gebeten zu haben. Wir kamen mit Großsegel und Genua gut voran, die Amazone marschierte mit sechs bis sieben Knoten durch die kaum bewegte See. Es war wie erwartet einiger Schiffsverkehr, mit dem wir aber gut klar gekommen sind. Ein freundliches Besatzungsmitglied eines Frachters hat uns sogar angefunkt und uns erklärt, dass er seinen Kurs ändern will und auf welcher Seite er uns passieren wird.

War es schon regnerisch und diesig, so zog im Laufe des Vormittags auch noch Nebel auf. Aus allen Richtungen dröhnten die Nebelhörner der verschiedenen Fähren, Tanker und Frachter. Dank der AIS-Signale auf dem Plotterdisplay konnten wir sie aber alle richtig zuordnen. Trotzdem fand ich es unheimlich, als sich die Umrisse des Containerriesen vor unserem Bug aus dem undurchdringlichen Nebel schälten. Fast genauso schnell, wie der Nebel aufgezogen war, verschwand er etwa eine Stunde später wieder und es klarte auf.

Bobby Schenk, der "Blauwasser Papst", schreibt in seinem dicken Buch "Blauwassersegeln": "Der Englische Kanal ist ein schwieriges Gewässer, allein die graue Farbe des Wassers wirkt schon deprimierend. Ansonsten muss man sich mit Nebel, Großschifffahrt, schlechtem Wetter und Gezeiten herumplagen. Mit Recht können die Segler, die in diesem Gebiet segeln, sagen: "Wer hier segelt, braucht andere Gewässer auf der Welt nicht zu fürchten!""

Gegen Mittag hatten wir es geschafft, den Kanal gequert und segelten nun parallel zur französischen Küste. Kurz nach 16 Uhr erreichten wir nach 43 Seemeilen die Marina Gran Large in Dünkirchen. Dünkirchen? Da waren wir doch schon einmal im letzten Jahr! Ganz genau - wir haben also heute unseren Kurs gekreuzt und damit die Atlantikrunde abgeschlossen! Fast 11.000 Seemeilen haben wir zurückgelegt, zweimal den Atlantik überquert, 21 Gastlandflaggen gesetzt und 358 Postkarten geschrieben.

 

So stellt sich das Verkehrsgeschehen auf unserem Plotterdisplay dar. Die Dreiecke sind die Schiffe mit der Vorauslinie, die anzeigt, wo sie sich in zehn Minuten befinden werden, sofern sie Kurs und Geschwindigkeit beibehalten:

 

Und so sieht es dann in natura aus, wenn der dicke Pott aus dem Nebel auftaucht:

 

Flaggenparade im Bikini war einmal. Jetzt ist warme Regenbekleidung angesagt:

 

Auch Palmen, weißer Strand und türkisblaues Wasser sind Geschichte. Heute bot sich bei der Ankunft auf europäischem Festland dieses Bild:

Dienstag, 14.07.2015

 

"Morgenstund hat Gold im Mund" - oder "Wie rede ich mir die Tide schön?" Jedenfalls hat uns die Tide heute mal wieder zu Frühaufstehern gemacht. Ganz pünktlich um sechs Uhr legten wir in Brighton mit dem Ziel Dover ab. Gestern hatten wir schon das Liegegeld abgerechnet. Pro Tag waren umgerechnet 48 Euro fällig, inklusive Wasser, Strom und Duschen. Ebenfalls gestern haben wir uns schon von Klaus von der "Lubini" verabschiedet. Unsere Wege trennen sich vorerst, wir hoffen aber sehr, dass wir uns in der nächsten Woche noch einmal wiedersehen.

In der Nacht hat der Wind abgeflaut und bei vier bis fünf Beaufort raumem und später achterlichem Wind sind wir mit dem Tidenstrom flott unterwegs. Der Himmel ist bedeckt, zeitweise nieselt es, und wir sind in unserem Ölzeug wasserfest verpackt. Später klart es noch auf, doch richtig schönes Segelwetter sieht anders aus. Die Amazone legt die 65 Seemeilen in genau neun Stunden zurück und kommt dabei auf eine Durchschnittsgeschwindigkeit von über sieben Knoten! Die solide Lady ist nun wirklich keine Rennziege, aber heute hat sie mal wieder Yachten hinter sich gelassen, die eigentlich schneller segeln müssten als sie. Das macht Spaß und hat sicher auch mit unserem immer noch aalglatten Unterwasseranstrich zu tun. Vielleicht ist sie auch einfach nur gut im Training, nach den vielen Marathontörns, die sie bewältigt hat? Oder sie riecht schon den Stall und galoppiert der Heimat entgegen?

Wir nähern uns übrigens dem Heimathafen mit großen Schritten: Seit heute befinden wir uns wieder auf der östlichen und nicht mehr auf der westlichen Halbkugel.

Seit einiger Zeit ist wieder der Reeds Nautical Almanac das meistgelesene Buch bei uns an Bord. Ihm entnehmen wir, dass wir uns vor der Einfahrt in den geschäftigen großen Fährhafen von Dover bei der Dover Port Control per Funk anmelden müssen. Uns wird die Einfahrt erlaubt, und wir melden uns als nächstes per Funk bei der Dover Marina an und bekommen einen Liegeplatz zugewiesen.

Das Liegegeld beträgt umgerechnet 39 Euro pro Tag, inklusive Wasser, Strom und Duschen. Anschließend unternehmen wir einen Stadtrundgang und wollen das über Dover thronende Dover Castle besichtigen. Der Eintritt würde für einen Erwachsenen umgerechnet 30 Euro betragen, es ist aber kein Einlass mehr, da die Öffnungszeit bald beendet ist. Zack, 60 Euro gespart!

 

Englands Tor nach Europa - der Fährhafen von Dover mit den berühmten weißen Klippen:

 

Dover Castle, erbaut in den 1180er Jahren:

 

Diese alte Bekannte von der Weser steht hier in der Dover Marina an Land. Sie hat wahrlich schon bessere Tage gesehen:

Montag, 13.07.2015

Gestern und heute war es in Brighton kalt, windig und regnerisch, also richtig ungemütlich. Der kalte Wind pfiff mit bis zu acht Windstärken über den Hafen, die Gischt sprühte eindrucksvoll über die Mole. In der Marina kommen kaum Boote an, es verließ auch kaum jemand den geschützten Hafen. Trotz des miesen Wetters haben wir uns gestern aber zu einem Ausflug aufgerafft. Mit dem Doppeldeckerbus fuhren wir direkt von der Marina nach Brighton in die Innenstadt.  

Haben wir in der Vergangenheit schon oft Städte besucht, die an einem Sonntag wie ausgestorben wirkten, war das in Brighton ganz anders. Die Geschäfte waren geöffnet, es wurde gekauft, was das Zeug hält oder der Geldbeutel hergibt. Überall herrschte geschäftiges Treiben, die Menschen waren mit großen Einkaufstüten beladen. Unsere letzte Shopping-Tour in Portsmouth ist ja noch nicht so lange her, so dass wir nur durch die Straßen und das Juwelier-Viertel geschlendert sind, ohne etwas zu kaufen.  Wobei uns das Viertel mit den vielen Juwelierläden besonders gut gefiel. Diese Gassen mit den vielen kleinen alten Läden könnten für die Harry Potter Romane als Vorbild für die Winkelgasse gedient haben.

Den hübschen Royal Pavilion und die angrenzenden Victoria Gardens haben wir uns  ebenfalls angesehen. Dann zog es uns auch schon zur großen Seebrücke, der Brighton Pier. Diese 1899 eröffnete Seebrücke ist wirklich beeindruckend. Fahrgeschäfte, Restaurants, ein großes Casino mit unzähligen Glücksspielautomaten und Souvenirshops reihen sich auf der Brücke aneinander.

Für morgen ist eine Wetterbesserung vorhergesagt, so dass wir unsere Rückreise gen Osten fortsetzen können.

 

Beim Kauf dieses Tees spendet man auch gleich für die britischen Seenotretter. Wenn es in Deutschland einen DGzRS-Tee gäbe, würde ich den sofort kaufen:

 

Ein Teil des Royal Pavilion, erbaut 1815 bis 1822:

 

 

Die Seebrücke in Brighton, der Brighton Pier:

 

In der Marina haben auch die Fischer und ihre Utensilien ihren Platz:

 

Sonnabend, 11.07.2015

Cowes haben wir ein bisschen kennengelernt, sind einige Male mit der urigen Ketten-Fähre über den River Medina übergesetzt und haben die ganz besondere Atmosphäre in dieser Stadt, in der sich alles ums Segeln dreht, genossen. Heute soll es nun weiter gen Osten gehen, Brighton ist unser nächstes Ziel. Kurz nach 12 Uhr legen wir ab, verlassen die Marina und finden uns auch schon im Gewusel der vielen Boote und Fähren auf dem River Medina wieder. Als wir den Solent erreichen sind hier bei herrlichem Sonnenschein sehr, sehr viele Segelboote, Motorboote, Schnellfähren, das Luftkissenboot und große Frachter unterwegs. Ein hohes Verkehrsaufkommen.

Es sind vier bis fünf Windstärken mit Böen der Stärke 7 aus westlicher Richtung vorhergesagt. Wir rollen die Genua aus und ziehen Richtung Osten dahin. Im Laufe des Nachmittags nimmt der Wind zu und weht dann mit guten fünf Windstärken, in Böen sieben. Der Seegang ist ganz ordentlich, und wir sind froh, dass wir vor dem Wind segeln und nicht gegen Wind und Wellen segeln müssen. Eine Verkleinerung der Segelfläche bringt etwas Ruhe ins Boot, aber die Schaukelei ist dennoch beachtlich.

Auch die "Lubini" hat sich auf den Weg nach Brighton gemacht. Sie segelt mit zwei  Seemeilen Abstand hinter uns, über Funk sind wir hin und wieder in Verbindung. Kurz vor 20 Uhr erreichen wir nach 49 Seemeilen die Marina Brighton, werden vor der Einfahrt noch ein letztes Mal durchgeschüttelt und von der Gischt, die über die hohe Mole ins Hafenbecken schießt, geduscht. Per UKW-Funk hatten wir unterwegs schon nach Liegeplätzen für die "Lubini" und die Amazone gefragt, und so können wir gleich in die entsprechende Box fahren.

Die Marina Brighton ist die größte Marina in England und hat 1.600 Liegeplätze. Es gibt einen sehr großen Supermarkt, ein großes Kino, viele Restaurants, Bars, Shops, ein Spielcasino und auch eine Busverbindung in die Innenstadt von Brighton.

 

In Cowes ist richtig etwas los:

 

Segeln im Tidengewässer hat so seine Tücken:

 

Eines der drei Forts im Solent:

 

Wildes Wasser bei der Hafeneinfahrt der Marina Brighton:

Freitag, 10.07.2015

Es gibt Souvenirs, die auf den ersten Blick gar nicht als solche zu erkennen sind. Die im Netz unter dem Solarpanel fröhlich schaukelnde Kokusnuss aus Tobago gehört dazu. Natürlich  haben wir uns aus Hamilton auf Bermuda die einzigen original Bermuda Shorts (weil auf Bermuda designed) mitgebracht. Und wenn man in Cowes gewesen ist, muss der Segler sich einfach eine rote "Cowes-Hose" mitbringen. Diese bordeauxrote Canvas-Hose trugen die Teilnehmer des America's Cup, der bekanntesten und ältesten heute noch ausgetragenen Segelregatta. Diese hat ihren Ursprung in einer Regatta rund um die Isle of Wight im Jahre 1851. Kombiniert mit einem blauen Blazer, Hemd und Krawatte ist "Mann" damit korrekt gekleidet für den großen Auftritt im Yachtclub.

Die Kokusnuss zu bekommen und die Bermuda Shorts zu kaufen war vergleichsweise einfach. Doch eine "Cowes-Hose" zu erwerben, erwies sich als langwieriges und schwieriges Unterfangen. In dem Traditionsgeschäft von 1799 in Cowes waren die roten Hosen gerade ausverkauft. Ein Herrenausstatter hatte die Hose nicht in der richtigen Größe, in einem weiteren Spezialgeschäft für Seglerbekleidung (Henri Lloyd) hatten die Angestellten noch nie etwas von einer "Cowes-Hose" gehört. Dabei hat Henri Lloyd sogar Cowes-Hosen für Frauen in seinem Programm. Nun, sogar AW Niemeyer, der Hamburger Yachtausrüster, führt Cowes-Hosen und benennt sie auch genau so in seinem Katalog. So einfach wollte Ingo es sich aber nicht machen. Und so fuhren wir heute nach Portsmouth und klapperten noch einige Läden ab. Wir hatten es schon fast aufgegeben, als wir doch noch fündig wurden und der Skipper zu einer schönen "Cowes-Hose" kam. Endlich hatten wir die richtige Hose aufgespürt, da spielte es auch keine große Rolle mehr, dass sie den Markennamen "Crew" trägt.

Um nach Portsmouth zu kommen, mussten wir den Bus nach Ryde nehmen, um von dort mit der Fähre hinüber nach Portsmouth zu fahren. Portsmouth liegt nördlich der Isle of Wight am Solent und ist die am dichtesten bevölkerte Stadt Großbritanniens. 1995 wurde damit begonnen, die alten Hafengebiete umzugestalten. Es entstand eine Shopping-Mall sowie der 170 m hohe Spinnaker Tower, der vor zehn Jahren eröffnet wurde.

Nachdem wir ein wenig durch die quirlige Stadt geschlendert waren, haben wir den Spinnaker Tower besucht und bei strahlendem Sonnenschein in 110 Metern Höhe die überwältigende Aussicht über die Stadt, den Fluss und den Solent genossen.

 

Auch mit einem Luftkissenboot kann man von Ryde nach Portsmouth hinüber fahren:

 

Auch auf der Isle of Wight gibt es Palmen:

 

"Zehn Tage hier und Sie fühlen sich zehn Jahre jünger":

 

Der Spinnaker Tower in Portsmouth:

 

Der "Sky Walk" - auf einer Glasscheibe 100 Meter über dem Hafen stehen, ein komisches Gefühl:

 

Imposanter Blick über Portsmouth Historic Dock Yard, im Vordergrund die HMS "Warrior" von 1860:

 

Schulausflug auf den Spinnaker Tower - die Schülerinnen und Schüler lösen eifrig knifflige Fragen:

 

Kaffeepause in schwindelnder Höhe:

 

In Portsmouth, in der Nähe der Shopping Mall:

Mittwoch, 08.07.2015

Es gibt Orte, die auf Seglerinnen und Segler eine geradezu magische Anziehungskraft ausüben. Da möchte man mal mit dem eigenen Boot gewesen sein. Dazu gehört Helgoland genauso wie Anholt, Bornholm, Haparanda und - Cowes auf der Isle of Wight. Die Isle of Wight liegt wenige Seemeilen vor der Südküste Englands. Im Norden der Insel, am River Medina, liegt Cowes. Im Westen findet man die Needles, jene drei Felsen, die nebeneinander aufgereiht der See trotzen. Das schmale Seegebiet zwischen dem Festland und der Isle of Wight ist der Solent.

Die heutige Aufgabe lautete also in etwa so: "Zwei Segelboote wollen von Weymouth nach Cowes auf der Isle of Wight segeln. Wann müssen sie in Weymouth starten, um wohlbehalten in Cowes anzukommen? Zu berücksichtigen ist neben der Wind- und Wettervorhersage das zu querende militärische Schießübungsgebiet und der Gezeitenstrom im Solent." Nun, zwei Segelboote, zwei Skipper, eine übereinstimmende Rechnung: Start in Weymouth um 5.30 Uhr; Verlassen des Schießgebietes bis spätestens 9.30 Uhr; erreichen der Needles am Eingang des West-Solent gegen 12.00 Uhr mit auflaufendem Wasser, also mitlaufender Strömung von etwa vier Knoten; Ankunft in Cowes gegen 13.30 Uhr".

Dann galt es die Theorie in die Praxis umzusetzen: Um 4.30 Uhr klingelte der Wecker und pünktlich um 5.25 Uhr legten wir ab. Es war Westwind der Stärke fünf Beaufort, in Böen sieben, vorhergesagt. Wir segeln ja nach Osten, also kein Problem. Kleine Fock setzen und ab geht die Post. Unser Kurs führt durch ein militärisches Sperrgebiet, in dem zu bestimmten Zeiten zu Übungszwecken scharf geschossen wird. Da wollen wir pünktlich durch sein, was uns auch gelungen ist. Viel Wind, wenig Gegenstrom, und die Amazone galoppierte bei etwa zwei Meter hohen Wellen mit gut sechs Knoten los. An der Landspitze St. Alban's Head hieß es wieder, sich möglichst dicht unter Land zu halten, um den Races auszuweichen.

Der Wind pfiff ganz ordentlich und als wir gegen 12.00 Uhr den Eingang des West-Solent bei den Needles passierten, fanden wir uns bei vier Knoten schneller Strömung in einem Hexenkessel wieder. Die See brodelte, schäumte und unglaublich hohe Wellenberge türmten sich hinter unserem Heck auf. Die Amazone hat sich davon nicht beeindrucken lassen und ist mit unglaublichen zehn Knoten Fahrt über Grund da durch marschiert. Nach etwa 15 Minuten war der Spuk vorbei, das Wasser beruhigte sich und wir preschten mit etwa acht Knoten Fahrt Richtung Cowes.

Es heißt, dass in Cowes die Wiege des Segelsports stand. Seit dem späten 18. Jahrhundert wird hier einfach so zum Spaß gesegelt. Seit 1826 findet alljährlich die berühmte Cowes Week Regatta statt. In jedem Jahr werden hier 1.000 Regatten von den verschiedenen Yachtclubs veranstaltet. So ist es denn auch nicht verwunderlich, dass uns heute bei unserer Ankunft in Cowes viele Yachten begegnen, die um die Wette segeln.

Es findet also immer irgendeine kleinere oder größere Regatta statt, was die Liegeplätze knapp werden lässt. Zum Glück hatte die East Cowes Marina noch Liegeplätze frei, und so machten die "Lubini" und die Amazone  gegen 13.30 Uhr dort fest. Die 49 Seemeilen haben wir in acht Stunden zurückgelegt. Einen ersten Ausflug in die Stadt Cowes haben wir auch schon unternommen und können feststellen, dass es uns hier gut gefällt. Das ist ja auch kein Wunder -  Segler im Mekka der Segler - da ist der Wohlfühlfaktor entsprechend hoch.

 

An der Landspitze von St. Alban's Head:

 

 

Die Needles am Eingang zum West-Solent:

 

Ein sehr symbolträchtiges Foto: Im Netz liegt die Kokusnuss, die wir seit Tobago dabei haben; das Bimini ist gut verpackt, weil es als Sonnenschutz nicht benötigt wird; im Hintergrund sind die Needles zu erkennen - ganz klar, hier ist eine Yacht auf dem Nachhauseweg:

 

Hier geht es um Pokale:

 

"The Floating Bridge" - Die schwimmende Brücke. Eine Kettenfähre, die den River Medina quert:

 

Mit dieser Kanone werden Startsignale für Regatten gegeben. Die Kanone kann jederzeit abgefeuert werden - warnt das Schild:

Montag, 06.07.2015

 

Wir segeln an Englands Südküste von "...mouth" zu "...mouth" - also von Flussmündung zu Flussmündung. Dartmouth hat uns sehr gut gefallen, aber da in der Darthaven Marina umgerechnet knapp 60 Euro für eine Übernachtung zu zahlen sind, wollten wir keine zweite Nacht bleiben. Gestern war die Wind- und Wettervorhersage für den 53 Seemeilen langen Törn zum nächsten "...mouth", nämlich Weymouth, günstig.

Allerdings müssen wir ja den Tidenstrom beachten. Das bedeutet, anhand von Tabellen und einem Computerprogramm genau auszurechnen, wann wir welchen Punkt erreicht haben müssen. Auf diesem Törn müssen wir bei mitlaufendem Strom, der bis zu sechs Knoten erreichen kann, an der Landspitze Portland Bill sein, etwa sechs Seemeilen vor Weymouth. Außerdem bilden sich dort die sehr ungemütlichen, sogenannten "races" - Wellen, die mit reißenden Stromschnellen vergleichbar sind.

Kurz vor 12 Uhr legten wir ab, um gegen 20 Uhr bei Portland Bill zu sein. Bei bedecktem Himmel und vier bis fünf Beaufort, in Böen sechs, geht es bei raumem Wind mit gerefftem Großsegel und etwas eingerollter Genua flott durch die bewegte See.  Der Wind kam im Laufe des Tages immer achterlicher, so dass wir das Großsegel herunternahmen und nur mit Genua weitersegelten. Die Sonne ließ sich auch noch blicken, so dass es ein schöner Segeltag wurde. Mit 18° Lufttemperatur empfanden wir es aber doch als ziemlich frisch.

Als wir die Landspitze Portland Bill schließlich erreichten, hielten wir uns dicht unter Land, um nicht in die gefährlichen races zu geraten. Dabei mussten wir etwa 40° vorhalten, um nicht von dem starken, querlaufenden Ebbstrom in die aufgewühlten, tobenden und schäumenden races versetzt zu werden. Es ist alles gutgegangen, und bei Sonnenuntergang gegen 21.30 Uhr erreichten wir Weymouth.

Die "Lubini" war kurz vor uns angekommen und ankerte bereits in der ruhigen, geschützten Bucht vor dem Strand von Weymouth. Unser Anker fiel ganz in ihrer Nähe. Bei einem heißen Tee mit Zitrone wärmten wir uns auf und ließen bei einem Blick auf die erleuchteten Gebäude an der Strandpromenade den Tag ausklingen.

Heute Morgen klingelte mal kein Wecker, die Tide war uns auch egal - wir verholten in den Hafen von Weymouth. Wir liegen längsseits an einem langen Schwimmsteg und zahlen pro Tag umgerechnet 38,50 Euro (inklusive Wasser und Duschen, Strom kostet extra!). Die Liegeplatz-Preisgestaltung hier in Südengland will ich jetzt nicht weiter kommentieren. Die Stadt ist aber durchaus einen Besuch wert und hat sogar einen langen und prämierten Sandstrand. Aus einer Broschüre entnehmen wir, dass der Strand in Weymouth zu den zehn schönsten Stränden in Europa zählt. Leider ist das Wasser mit 15° aber so kalt, dass kaum jemand badet. Nur am abgeteilten Hundestrand wird begeistert im Wasser geplantscht und der Ball zum Herrchen oder Frauchen zurückgebracht.

 

Start Sonntagmittag in Dartmouth:

 

Kurz vor Sonnenuntergang bei Portland Bill:

 

In Weymouth:

 

Ha - auch hier gibt es Palmen:

 

Strandleben in Weymouth:

 

 

Einträchtig liegen die tapferen Damen Seite an Seite am Steg:

Sonnabend, 04.07.2015

Den gestrigen Tag haben wir in Plymouth verbracht. Die Stadt als solche hätte uns nicht unbedingt bewogen, einen Tag zu bleiben, aber die Wind- und Wettervorhersage für unseren nächsten Törn gen Osten, nämlich nach Dartmouth, war ungünstig. An Bord gab es dies und das zu erledigen, später unternahmen wir noch einen Stadtbummel und ließen uns anschließend die mitgebrachten Fish and Chips gemeinsam mit Klaus schmecken.

Für heute waren die Wetteraussichten günstig, wegen der frühen Tide klingelte der Wecker allerdings schon um 5.30 Uhr. Nach dem Frühstück hieß es um 7.00 Uhr "Leinen los", und wir verließen Plymouth. Zunächst war der Himmel bedeckt, mit einem Reff im Groß ging es hoch am Wind hinaus aus der Bucht. Alsbald klarte es auf und mit raumem Wind um die vier Beaufort ging es flott voran. Wir konnten ausreffen, die Sonne lachte vom Himmel und es hätte ein richtig schöner Törn werden können. Hätte - wenn da nicht dieser unmögliche, konfuse Seegang gewesen wäre. Als dann auch noch der Wind etwas abflaute, war es eine schlimme Schaukelei. Die Segel schlugen wie wild und zerrten am Rigg und an unseren Nerven. Nach der halben Strecke bargen wir das Großsegel  und segelten nur noch unter Genua weiter.

Gegen Mittag erreichten wir den Fluss Dart, und einige Meilen flussaufwärts machten wir in Dartmouth in der Darthaven Marina fest. 37 Seemeilen haben wir heute zurückgelegt. Hier stellten wir mal wieder fest, dass die Liegegelder in den Marinas sehr, sehr hoch sind. Umgerechnet 57 Euro kostet hier eine Übernachtung! Mal wieder ein neuer Negativ-Rekord!

Da es morgen schon gleich weiter gehen soll, unternahmen wir noch einen Stadtbummel. Mit einer kleinen Fähre fuhren wir auf die andere Flussseite und sahen uns in dem schönen Ort um. Es ist wirklich sehr nett hier, der Ort hat Charme und Atmosphäre.

 

Die "Lubini" im konfusen Seegang zwischen Plymouth und Dartmouth:

 

In der Flussmündung des River Dart:

 

 Jollensegeln auf dem River Dart:

 

 

Autofähre bei der Darthaven Marina:

 

 "Die berühmte Dartmouth Ehemann-Krippe - Lassen Sie ihn im "Dolphin" während Sie in Frieden einkaufen" - das Dolphin ist eine ganz urige, gemütliche Kneipe. Da wartet "Mann" doch bestimmt gerne, bis die Gattin ihre Einkäufe erledigt hat...

 

 

Blick über den River Dart auf Dartmouth:

Donnerstag, 02.07.2015

Wir hatten ein paar schöne Tage in Falmouth. Haben den Royal Cornwall Yacht Club besucht, einen Ausflug nach Land's End und Lizard Point unternommen, eine Regatta von Land aus verfolgt und die Werft besucht, auf der die wunderschönen Rustler-Yachten gebaut werden. Nun soll es heute weitergehen in das 40 Seemeilen entfernte Plymouth. Bevor wir ablegen können, muss natürlich noch das Liegegeld bezahlt werden. Dafür müssen wir sehr tief in die Tasche greifen: 162,75 Pfund für fünf Tage; 1 Pfund entspricht etwa 1,45 Euro. Wasser, Strom und Duschen ist zwar inklusive, trotzdem ist ein tägliches Liegegeld von 47,20 Euro ein neuer Rekord.

Wir legen im Nieselregen ab und bei zwei Windstärken fahren wir unter Motor an der Steilküste Cornwalls Richtung Osten. Alsbald klart es auf, und gegen 17.30 Uhr erreichen wir Plymouth. Hier haben wir mehrere Marinas zur Auswahl, wollen aber möglichst nahe der Innenstadt liegen und entscheiden uns deshalb für die Queen Anne's Battery Marina. Zunächst erklärt uns der Hafenmeister, er habe leider keine Box für uns, der Hafen sei komplett belegt. Als kurz nach uns die "Lubini" einläuft, fragt uns der Mitarbeiter, ob wir zusammengehören. Als wir die Frage bejahen, ändert sich die Liegeplatz-Verfügbarkeit schlagartig. Er bittet uns, am Tankstellenponton festzumachen und dort kurz auf ihn zu warten. Dann weist er der "Lubini" und uns je eine Box zu, wobei unser Liegeplatz leider nur für eine Nacht frei ist und wir morgen verholen müssen. Aber trotzdem sehr merkwürdig - für uns allein hatte er angeblich nichts frei, als die "Lubini" erschien, hatte er dann sogar zwei Boxen frei.

Auch diese Marina ist kein Schnäppchen. Den Rekord, den die Falmouth Marina gerade erst aufgestellt hat, bricht die Marina hier in Plymouth gleich wieder. Pro Tag sind hier umgerechnet sage und schreibe 52,90 Euro fällig.  

 

Leuchtturm in Plymouth von 1759: 

 

Blick auf die Queen Anne's Battery Marina: 

Mittwoch, 01.07.2015

 

Vor ein paar Tagen haben wir hier in  der Marina eine Yacht gesehen, die uns gut gefällt. Sie sieht seegängig und solide, doch nicht klotzig oder gar behäbig aus. Gefällige Linien, breites Laufdeck, sehr "schiffig". Jedes Mal auf unserem Weg an Land kommen wir an diesem Boot vorbei. Dann entdeckten wir an der Außenhaut den kleinen Schriftzug "Bowman 40". Aha, nie gehört. Im Internet haben wir dann nachgelesen, dass diese Boote in Falmouth gebaut worden sind, die Werft aber nicht mehr existiert. Halt! Nicht das hier ein falscher Eindruck entsteht: Wir sind nicht auf der Suche nach einem anderen Boot, gucken uns aber trotzdem gerne andere Boote an.

Von unserem Cockpit aus, können wir in einiger Entfernung das Dach und einen kleinen Teil einer großen Halle sehen. Auf meinem Weg zum Einkaufen kam ich gestern daran vorbei und siehe da - hier werden Boote gebaut. Die Werften Bowman, Starlight und Rustler schlossen sich zusammen und nahmen 2005 an diesem Standort ihren Betrieb auf. So kamen wir auf die Idee, der Werft einen Besuch abzustatten und mal einen Blick hinter die Kulissen zu werfen.

Wir sprachen einen Mitarbeiter auf dem Werftgelände an, und er war sofort bereit, uns die Fertigungshalle zu zeigen. Er führte uns herum und erklärte uns die Firmenphilosophie. Die Werft beschäftigt 28 Mitarbeiter und baut etwa sechs bis acht Boote pro Jahr. Wir sehen zwei blaue Rümpfe, die ausgebaut werden. Genau wie die Amazone haben die Rustler Yachten keinen unter den Rumpf gebolzten Kiel, sondern der Kiel ist mit der Kunststoffform des Rumpfes untrennbar verbunden. Und die Boote haben - auch wie die Amazone - ein Skeg, das das Ruder schützt. Außerdem zeigt der freundliche Herr uns die Lackiererei, die große Tischlerei, einige fertige Schrankteile und massive Holzleisten und Profile.

Eine Rustler 42 beispielsweise hat eine Bauzeit von etwa neun Monaten. Sie ist ab 300.000 Pfund (435.000 Euro) zu haben. Auch Ihre Königliche Hoheit Prinzessin Anne besitzt ein Boot dieser Werft, nämlich eine Rustler 44. Und so hat es sich Prinzessin Anne nicht nehmen lassen, die Eröffnungsfeier der Werft im Jahre 2005 mit ihrer Anwesenheit zu beehren. Zum Schluss des kleinen Rundgangs bekommen wir noch eine Hochglanzbroschüre überreicht. Es ist doch schön, dass es noch Werften gibt, die nicht wie am Fließband produzieren, sondern wunderschöne, makellose Traumyachten in traditioneller Handwerkskunst herstellen. Einige wenige solcher Betriebe gibt es auch in Deutschland.

Auch wenn wir nicht zu der zahlungskräftigen Kundschaft dieser Werft gehören, war es interessant, sich dort einmal umsehen zu dürfen.

 

Eine zehn Jahre alte Rustler 42:

 

 

 Hier entstehen die Rustler-Yachten:

 

In der Tischlerei:

 

Nichts wird furniert, alles ist massiv. Eine Rustler 42 ist 12,81m lang, 4,06 m breit und wiegt 12 Tonnen:

Dienstag, 30.06.2015

Wie schnell doch die Zeit vergangen ist! Unglaublich, dass unsere Reise in etwa sechs Wochen schon zu Ende sein soll. Der Termin für unsere Rückkehr steht jetzt fest: Am Sonnabend, dem 08.08.2015, wollen wir in Bremerhaven einlaufen.

Heute lassen wir es ein wenig ruhiger angehen. Erst einmal ausschlafen und gemütlich frühstücken, dann Mails schreiben, einkaufen und dies und das erledigen. Wir sind mit Klaus verabredet und wollen gemeinsam den Royal Cornwall Yacht Club (RCYC) besuchen. Der Club hat ein sehr gediegenes Clubhaus, die Boote der Mitglieder liegen an Moorings am Ufer. Von der Terrasse aus haben wir einen wunderbaren Blick auf den Fluss. Heute findet eine Feierabend-Regatta statt, die Ziellinie ist genau auf unserer Höhe, und so können wir den Zieldurchgang vieler Yachten beobachten. Bei leichtem achterlichem Wind fahren viele Boote mit Spinnaker, was besonders schön aussieht.

Der RCYC richtet seit 1975 alle vier Jahre die Regatta "AZAB" - The Azores an Back Yacht Race - aus. In diesem Jahr hat der deutsche Einhandsegler Henrik Masekowitz mit seiner Class 40 "Croix du Sud" die Regatta  hin zu den Azoren gewonnen und den seit 1987 bestehenden Rekord für die schnellste Reise gebrochen. Er schaffte die Strecke in 5 Tagen, 3 Stunden und 36 Minuten. Er hat damit 20 Stunden weniger gebraucht, als der bisherige Rekordhalter. Respekt und Gratulation zu dieser außerordentlichen sportlichen Leistung!

 

 Lidl zwischen Palmen und Masten:

 

 Ganz schön etwas los auf dem Wasser:

 

 

 

Raum im Clubhaus des Royal Cornwall Yacht Club in Falmouth: