Sonnabend, 27.06.2015

Um 5.30 Uhr klingelte heute Morgen der Wecker. Kann das denn wahr sein? Schon wieder nicht ausschlafen? Und wer steckt dahinter? Die Tide. Jawohl, wir haben es seit unserer Ankunft auf den Isles of Scilly wieder mit Hoch- und Niedrigwasser zu tun. Und das nicht zu knapp. Zwischen vier und fünf Meter Tidenhub gibt es an Englands Südküste und damit auch entsprechend starke Strömungen. Wir wollen heute nach Falmouth segeln und müssen dabei auch den Tidenstrom berücksichtigen. Außerdem wollen wir nicht bei Dunkelheit dort ankommen, und so müssen wir eben sehr früh aufstehen. Ein ordentliches Frühstück soll es vor dem Ablegen auch noch geben und so ist die Nacht um 5.30 Uhr abrupt zu Ende.

Gegen 7.00 Uhr lösten wir unsere Leine von der Mooringboje. Bald darauf konnten wir das Großsegel setzen und die Genua ausrollen. Es wurde ein herrlicher Segeltag bei Sonnenschein und drei bis vier Beaufort halbem bis raumem Wind und nur wenig Seegang. Der Schiffsverkehr hielt sich in Grenzen, und so zuckelte die Amazone gemütlich Richtung Englands Südwestküste. Gegen Mittag zeichnete sich die Steilküste von Cornwall, diesem bezaubernden "Rosamunde-Pilcher-Land", am Horizont ab.

Der Wind nahm am frühen Abend immer mehr ab, und so tuckerten wir unter Motor zwischen den grünen Hügeln und der Steilküste in die Flussmündung nach Falmouth. Im "Visitors Yacht Haven" waren die wenigen Boxen schon belegt und im Päckchen liegen wollten wir auch nicht. Wir hatten schon so etwas geahnt und fuhren etwa 1,5 Seemeilen weiter den Pennryn River hinauf zur Falmouth Marina. Links und rechts vom Fahrwasser ankerten unzählige große und kleine Boote.

Nach 64 Seemeilen machten wir gegen 19.45 Uhr in der Falmouth Marina erst einmal am Tankstellenponton fest und suchten den Hafenmeister. Auf unserer Suche trafen wir ein nettes Paar, dass gerade sein Boot zum Auslaufen fertigmachte. Die beiden waren sehr hilfsbereit und riefen im Marinabüro an. Während wir auf den Hafenmeister warteten, wollten die beiden von uns wissen, wo wir herkämen. Dass wir Deutsche sind, hatten sie schon bemerkt und lobten unser "sehr gutes Englisch". Das war ebenso höflich wie stark übertrieben. Als wir erzählten, dass wir heute von den Isles of Scilly kommen, sagte Judith, so heißt die Dame, dass sie dort noch nie gewesen sei und fragte, ob es uns dort gefallen habe. Das war irgendwie merkwürdig - als Fremde einer Einheimischen zu erzählen, wie es auf den Isles of Scilly ist.

Schließlich kam der Marina-Mitarbeiter und wies uns eine Box zu. Jetzt liegt die Amazone seit Wochen erstmals völlig ruhig, wie ein Brett im Wasser. Die Anmeldeformalitäten erledigen wir morgen früh, wenn das Büro wieder besetzt ist.