Donnerstag, 18.12.2014, 12.00 Uhr

Position: 12° 46,6' N; 49° 13,4' W; 12. Etmal 118 sm, 681 sm Rest

Im Laufe des Abends flaute der Wind leider immer mehr ab, und der Volvo durfte auch mal wieder etwas tun. Diese ganze Dieselbunkerei soll ja auch nicht vergebens gewesen sein. So kamen wir ganz gut voran, unserem Ziel Meile für Meile näher. Je mehr der Wind abnahm, desto mehr beruhigte sich auch die See. Und es gab sogar vier Sternschnuppen für mich! Damit es nicht "Peterchens Mondfahrt" wurde, musste ich hin und wieder leicht korrigierend eingreifen. Bei diesen gelben Pflanzenteppichen kann er eben nicht zeigen, was er wirklich kann. Leider verhindert dieses Zeug auch heute noch das Angeln. Seit fast einer Woche begleitet es uns nun schon. Ob wir auf diesem Törn überhaupt nochmal Angeln können?

Das letzte Drittel dieses Marathon-Törns ist angebrochen. Beim "Großen Fressen" - dem Seemeilenfressen - sind wir sozusagen bei der Käseplatte angelangt, die Nachspeise steht schon bereit. Mit jeder zurückgelegten Seemeile wird es ein wenig wärmer. Die Temperatur beträgt tagsüber 31 oder 32° Grad in der Kajüte. Gestern war wieder Backtag, was bei diesen Temperaturen eine schweißtreibende Angelegenheit ist. Gut, dass gestern auch Duschtag war, das brachte ein wenig Erfrischung.

Gerade eben hatten wir netten Funkkontakt mit einem Segler, der etwa zehn Meilen voraus segelt. Wir hatten sein AIS-Signal auf dem Plotter entdeckt - seit Tagen das erste Signal! Und - in welchem Land liegt wohl sein Heimathafen? Richtig - in Frankreich! Er segelt nach Barbados, vielleicht treffen wir ihn irgendwann irgendwo.

Der Volvo schweigt zurzeit - der Wind hat etwas zugenommen, mit der ausgebaumten Genua geht es mit vier Knoten gemächlich voran.

Neben Backen, Kochen, Duschen und Segel wechseln kommen wir auch zum Lesen. Meistens am Nachmittag, wenn alle Pflichten erledigt sind. In dem Buch "Handbuch für den Atlantischen Ozean" von Jane Russell lese ich: "Das größte Problem während dieser mehrere Wochen dauernden Überfahrt ist die Aufrechterhaltung der Moral innerhalb der Crew. Viele, die von einer Rundreise um den Nordatlantik zurückkehren, betrachten diesen Abschnitt im Nachhinein als den Höhepunkt der Reise. Für die meisten wird die Atlantiküberquerung die längste Ozeanetappe ihres Lebens bleiben. Ein Glücksfall also, dass sie meist zu den angenehmsten gehört." Ob wir nach der Rückkehr diesen Abschnitt als "den" Höhepunkt der gesamten Reise bezeichnen werden, weiß ich jetzt natürlich noch nicht. Auf jeden Fall ist er etwas ganz Besonderes für uns - davon können wir unseren Enkeln noch erzählen! Wir fühlen uns in unserem Mikrokosmos sehr wohl - um unsere Moral ist es bestens bestellt!