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Mittwoch, 15.04.2015

Mit der Karibik werde ich für alle Zeiten das Krähen der Hähne verbinden. Sie haben uns von Tobago, unserer ersten Karibikinsel, bis hier zu den British Virgin Islands die Treue gehalten. Oder sollte ich besser sagen, dass sie uns verfolgen? Ein Entrinnen scheint fast nicht möglich. Die Hähne, Hühner und süßen Küken sind allgegenwärtig - auf dem Dorf, am Strand, in quirligen Hauptstädten und sogar in den Marinas. Die Küken sind niedlich, für die Hühner freuen wir uns, dass sie nach Herzenslust picken und im Sand baden können. Aber die Hähne mit ihrem ewigen Krähen noch vor Sonnenaufgang nerven extrem! Meistens sind es gleich mehrere Gockel, die um die Wette zu krähen scheinen.

Heute Morgen haben uns also die Marina-Gockel geweckt und wieder ging es frisch ans Werk. Wir haben einen 20 minütigen Fußmarsch nach Road Town unternommen. Ein paar Erledigungen standen noch auf der Liste. In der Bucht ankerte heute die "Aidavita". Die Pier für die Kreuzfahrtschiffe wird umgebaut und die Passagiere werden mit Fähren und Barkassen an Land gebracht.

Zurück in der Marina füllen wir unsere Wasservorräte auf und rechnen im Büro das Liegegeld ab, weil wir heute weiterfahren wollen. Macht einschließlich Wasser 102,70 US Dollar für zwei Nächte. Die hilfsbereite Dame gibt uns noch einen Tipp, wo wir günstig Diesel tanken können und gibt uns auch eine Übersichtskarte, wo das Delta Fuel Dock eingezeichnet ist, mit. Es ist gleich gegenüber der Marina auf der anderen Seite der weitläufigen Bucht.

Dort tanken wir 64 Gallonen Diesel, was 242 Litern entspricht und bezahlen 262 US Dollar. Das entspricht einem Literpreis von 1,08 US Dollar. Damit haben wir jetzt 200 Liter Diesel in Kanistern und 120 Liter im Einbautank an Bord. Theoretisch könnten wir 800 Seemeilen unter Motor damit zurücklegen. Klingt unglaublich viel (findet unser Volvo wahrscheinlich auch...), tatsächlich wird für den direkten Kurs von hier aus zu den Azoren empfohlen, für 1.000 Seemeilen Kraftstoff an Bord zu haben. Wir nehmen nicht den direkten Kurs, sondern wollen über die Bermudas segeln und gehen davon aus, genügend Diesel gebunkert zu haben.

Wir werden den Westteil der Sargassosee durchqueren, und dort ist zumeist mit sehr wenig oder gar keinem Wind zu rechnen. Die Sargassosee ist ein Meer ohne Küsten, ein ruhendes Revier, um das sich das große Strömungssystem des Nordatlantiks windet. Starten werden wir, wenn der Nordostpassat demnächst auf Ost dreht. Während der Überfahrt kann er auf Südost drehen und am Ende - in Abhängigkeit von der Position des Azorenhochs - sogar ganz einschlafen. Dann kann es nötig werden, das restliche Stück zu den Bermudas zu motoren.

Nach der Tank-Aktion wollen wir in die nächstgelegene Bucht fahren, um zu baden und dort vor Anker die Nacht zu verbringen. Die etwa 4 Seemeilen entfernte Bucht vor der kleinen, in Privatbesitz befindlichen Insel Buck Island ist in unserem Revierführer beschrieben. Man ankere dort zumeist in begrenzter Gesellschaft, allerdings dürfe man die private Insel nicht betreten. Hört sich gut an, also los! Etwas irritiert sind wir aber, als wir aus der Ferne sehen, dass in dieser kleinen verschwiegenen Bucht schon fünf Katamarane und drei andere Boote vor Anker liegen. Beim Näherkommen stellen wir allerdings fest, dass es Katamarane einer Charterfirma sind, die hier "geparkt" sind - es ist niemand an Bord. Auch die anderen drei Boote sind unbemannt. So gesehen sind wir hier also doch in begrenzter Gesellschaft - nur Ingo und ich. Und die Amazone. Und die kleine Gummiwurst. Aber irgendetwas fehlt - ah, es gibt hier anscheinend kein Federvieh. Es herrscht himmlische Ruhe!

 

An unserer Backbordseite sehen wir links das Ostende Tortolas und rechts einen Zipfel von Buck Island: