Mittwoch, 07.01.2015

 

Seit zwei Wochen sind wir auf Tobago, haben uns von dem langen Törn erholt und diese schöne Insel mit ihren freundlichen Bewohnern kennengelernt. Für uns ist der richtige Zeitpunkt gekommen, weiterzuziehen, die Wind- und Wettervorhersage ist günstig. Wir haben den südlichsten Punkt unserer Reise erreicht, ab jetzt geht es nördlich. Union Island ist unser nächstes Ziel, bis dahin sind es 91 Seemeilen, und wir werden ungefähr 15 Stunden unterwegs sein. Da wir bei Tageslicht in der Clifton Bay ankommen wollen, werden wir heute gegen 16 Uhr aufbrechen.

Um Auszuklarieren und die letzten TT-Dollar auf den Kopf zu hauen, bzw. in Lebensmitteln anzulegen, fahren wir noch einmal mit dem Schlauchboot an Land. Bei der "Immigration" und dem "Custom" (Zoll) geht es ganz fix. Es müssen nur ein paar Formulare ausgefüllt werden, da man u. a.  gerne wissen möchte, wie viel Kohle oder Öl wir gebunkert haben.

Anschließend machen wir uns auf den Weg zum Minimarket um einzukaufen. Auf dem Weg dorthin spricht uns ein Einheimischer an und stellt sich mit "I'm Andy! Where you come from?" vor. Es entwickelt sich ein kurzes Gespräch, in dem er uns erzählt, er habe Freunde in Berlin und München. Ab und zu streut er ein paar deutsche Vokabeln ein, wie "Alles super! Alles klar!" Zufällig hat er einige Früchte dabei, die er uns gerne verkaufen möchte. Und so wandern Limetten, Passionsfrüchte, Bananen, Mandarinen, Grapefruits und Orangen in unsere Einkaufstasche. Die Mandarinen, Grapefruits und Orangen sind weit davon entfernt, gelb oder orange zu sein - sie sind grasgrün. Andy erklärt uns, dass die Früchte reif seien und zum Beweis schält er eine Mandarine. Zum Abschied winkt uns Andy hinterher und ruft ein letztes "Alles super! Alles klar!"

Als nächstes gehen wir zur kleinen Holzbude, in der sich die Dorfbäckerei befindet. Die Bäckerin hat aber für uns leider kein Brot, es sind nur die vorbestellten Brote fertig, wenn wir eines haben möchten, müssten wir später noch mal vorbeikommen. Das können wir leider nicht, weil wir das Schlauchboot einpacken und die Amazone segelfertig machen müssen. Schade, das Brot ist wirklich lecker. Die letzten TT-Dollar geben wir im Minimarket aus.

Übrigens hat sich eine Yacht in dem von Joe mit Ingos Hilfe ausgebrachtem Netz verfangen. Es wird von den Fischern toleriert, dass Yachten in dem eigentlich gesperrten Fischerei-Gebiet ankern. Dort ist es nicht so tief, so dass dort gerne geankert wird. Wenn allerdings ein Netz ausgebracht wird, sollte man schon Abstand halten.

Während ich hier schreibe, bereitet Ingo an Deck alles vor. Später wollen wir noch eine Runde schwimmen, duschen und dann geht es los. Wir freuen uns darauf, wieder unterwegs zu sein.

 

Der sehr nette Zollbeamte in Charlotteville:

 

Viele Vitamine - grüne Mandarinen, Apfelsinen und Grapefruits sind tatsächlich lecker. Das Boot duftet nach den Limetten:

Ob und wann wir wieder eine Internetverbindung haben, wissen wir leider nicht. Damit die Zeit bis dahin nicht zu lang wird, habe ich etwas - wie ich finde - Wissenswertes über die Karibik angefügt:

 

Woher kommt der Name "Karibik" und einiges Wissenswertes mehr

Hier an Bord steht seit einiger Zeit der "ADAC Reiseführer Karibik" ganz oben auf der Liste der meistgelesenen Bücher. Daraus zitiere ich einiges Wissenswertes zur Karibik, diesem Traumziel:

 

"Für viele Reisende ist die Karibik ein farbenfrohes Traumbild von einsamen, weißen palmenbeschatteten Sandstränden, tiefblauem Meer und tropischen Wäldern. In dieser faszinierenden Inselwelt werden alte Abenteuerromane von mutigen Seeleuten und goldhungrigen Piraten wieder lebendig.

Hier findet man romantische Einsamkeit und berauschende Sonnenuntergänge, aber auch lebenslustige Menschen und ihre temperamentvolle Musik. In den Gesichtern der Bewohner liest man die Geschichte der Karibik, dieses Schmelztiegels der Nationen.

Als der Entdecker Christoph Kolumbus bei der Erforschung des westlichen Seewegs nach Indien im Jahr 1492 die Karibische Inselwelt entdeckte, war er nicht nur von der vielfältigen Natur und ihrem Reichtum an Früchten beeindruckt. Er studierte vor allem die Bewohner, jene "gutmütigen und sanftmütigen Geschöpfe", die er Indios nannte - da er ja glaubte, in Indien gelandet zu sein. Tatsächlich handelt es sich bei den Ureinwohnern um Taino, die ebenso wie die nach ihnen eingewanderten Kariben (diese gaben den Inseln ihren Namen) von den Kolonialmächten, den Spaniern, Engländern, Franzosen und Niederländern, bald ausgerottet werden sollten. Die von den spanischen Entdeckern erhofften Schätze - Gold, Silber und Edelsteine - gaben die Inseln nicht preis, doch der Reichtum kam schließlich durch die Landwirtschaft. Um jene "Goldgruben", die Zuckerrohrplantagen, zu bewirtschaften, wurden seit dem 17. Jahrhundert Hunderttausende von afrikanischen Sklaven auf die Inseln verschleppt. Deren Nachkommen bevölkern heute die Karibik und prägen mit ihren afrikanischen Traditionen den Lebensstil der meisten Inselstaaten. Die Erben der Kolonialherren, jener Spanier, Engländer, Franzosen etc., bilden hingegen eine verschwindend kleine Minderheit. Weitere Einwanderer waren Inder, Chinesen, Malayen und Indonesier, die nach der Befreiung der Sklaven im 19. Jahrhundert als Plantagenarbeiter angeworben worden waren. Heimatsuchende kamen auch aus Mittel- und Südamerika.

Politisch sind die Inseln und ihr Vielvölkergemisch heute in 25 Inselstaaten gegliedert. Diese Staaten sind das Ergebnis der wechselvollen Geschichte, die mit der Inbesitznahme der Karibischen Inseln durch die Spanier begann und mit dem Eroberungskampf der später eindringenden Kolonialmächte Frankreich und England ihre Fortsetzung fand. Heute ist der größte Teil der Inselstaaten selbstständig. Geographisch unterscheidet man zwischen den Großen Antillen im Westen und den Kleinen Antillen, die den östlichen Inselbogen bilden.

Unter klimatischen und navigatorischen Gesichtspunkten lassen sich die Kleinen Antillen in weitere zwei Gruppen unterteilen, in die Inseln über dem Wind, sie reichen von den Virgin Islands bis Trinidad, und die Inseln unter dem Wind (Aruba, Bonaire und Curacao). Während die Inseln der nördlichen Kette voll vom Passatwind erfasst werden und dank zahlreicher Regengüsse mit dichter tropischer Vegetation bedeckt sind, liegen die Inseln vor der Küste Venezuelas in der regenarmen Zone.

Im Englischen unterscheidet man zusätzlich zwischen den Leeward Islands, Virgin Islands bis Dominica, und den Windward Islands, Martinique bis Grenada.

Dem multinationalen karibischen Völkergemisch entspricht eine babylonisch anmutende Sprachenvielfalt. Neben den offiziellen Landessprachen Spanisch, Englisch, Französich und Niederländisch, hat sich auf den Karibischen Inseln eine Art Esperanto gebildet, das Elemente aus den europäischen Sprachen mit afrikanischen und indianischen Dialekten verquickt. Verbreitet sind das englische Patois, das französische Créole und das niederländische Papiamento.

Karibische Musik, Tanz und Rhythmus sind vielfältig wie Sonne, Sand und Meer. Auch in dieser Hinsicht pflegt jeder Inselstaat seine eigenen Traditionen, die in Reggae, Dancehall, Calypso, Soca, Salsa, Merenque und Reggaeton ihren Ausdruck finden.

Glaube und Religion haben für die Bevölkerung der Karibik bis heute große Bedeutung. Dominierend sind die römisch-katholische und die anglikanische Kirche. Dazu kommen Dutzende von christlichen Denominationen, die Elemente der karibischen Mythen und der Urreligionen Afrikas bewahren. Einige stehen jenen Glaubensrichtungen nahe, die es z. B. als Voodoo (Haiti) und Santéria (Kuba) zu großer Bekanntheit gebracht haben.

Auf dem Gebiet der Kunst und Architektur bringt die karibische Bevölkerung vielfältige und farbenfrohe Werke hervor. Berühmt ist vor allem die Naive Malerei aus Haiti, typisch aber auch Batikstoffe aus Martinique und Holzskulpturen aus Jamaika. die Architektur ist weitgehend von europäischen Vorbildern geprägt. Auf den Großen Antillen findet man spanischen Kolonialbarock (Kuba, Hispaniola, Puerto Rico), auf den einstigen französischen Besitzungen Neoklassizismus à la France. Auf den Niederländischen Antillen lebt das Amsterdam des 17. Jh. unter karibischer Sonne weiter, während sich die Architekten der britischen Inseln im Zuckerbäckerstil der viktorianischen Zeit ergingen. Und überall gibt es Holzhäuser im sog. Gingerbreadstil zu bewundern.

Vielfältige Sinneseindrücke und Genüsse locken auf allen Inseln der Karibik, also kommen Sie doch mit auf die Fahrt über den Regenbogen, in jenen Teil der Welt, den Kolumbus für Westindien hielt."

 

Und noch einige Anmerkungen zur Sklaverei:

"Zuckerbrot, Rum und Peitsche

Alle waren sie als Fremde gekommen, doch einige wenige von ihnen herrschten über viele: Die weißen Herren aus Europa gründeten ihre karibischen Reichtümer, den Ertrag riesiger Zuckerrohrplantagen, auf die Ausbeutung afrikanischer Sklaven. Die Sklavenhändler, rege Rädchen im Getriebe des florierenden Dreieckshandels zwischen Europa, Afrika und den Karibischen Inseln, brachten vom 15. bis zum 19. Jh. etwa 12 Millionen Afrikaner in die Neue Welt. Be- und gehandelt wurden diese Sklaven wie Vieh. Diejenigen, welche die Schiffsreise überlebten, wurden auf einem der Sklavenmärkte, z. B. auf Jamaika, verkauft. Kräftige Männer und junge Frauen, von denen man sich kostenlosen Sklavennachwuchs erhoffen konnte, erzielten die höchsten Preise.

Auf den Zuckerrohrfeldern regierte die Peitsche der Aufseher. Körperliche Züchtigung war nur eine der Maßnahmen, um die Masse der Unterdrückten im Zaum zu halten. Es war den Sklaven untersagt, in Familiengemeinschaften zu leben, ihre Sprachen zu sprechen, ihr eigene Religion auszuüben und ihre Feste zu feiern. Dass die Afrikaner in der karibischen Fremde trotz allem ihre Kultur nicht vergaßen, ist noch heute ersichtlich. Sie sollten Spanisch, Französisch oder Englisch sprechen, doch sie formten daraus ihre eigenen Sprachen wie Bajan, Papiamento oder Patois. In Walzer, Quadrille und Polka integrierten sie ihre eigenen Tänze. Und aus den Klageliedern der Feldsklaven, den Protestsongs der Aufständischen, entstanden neue, eigenwillige Musikformen.

Die Sklaverei endete auf den Karibischen Inseln relativ spät. Erst im Jahr 1886, nach vielen blutigen Revolten, wurde sie zu guter Letzt auch auf den spanischen Inseln abgeschafft. Dies bedeutete gleichzeitig das Ende der gewinnbringenden Plantagenwirtschaft. Und während viele der weißen Herren die Inseln daraufhin verließen, prägten die Nachfahren der einst vom Schwarzen Kontinent Verschleppten nun ihre tropische Heimat."

Alles klar soweit?