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Donnerstag, 16.07.2015

Die Amazone meldet sich mal wieder zu Wort:

Es ist schon fast drei Monate her, dass ich mich gemeldet habe. Drei aufregende, anstrengende und bunte Monate waren das. Ich hatte ja vermutet, dass das süße, warme Leben in der Karibik irgendwann zu Ende gehen könnte und ich die vielen Seemeilen wieder zurück segeln muss. Habe mal wieder recht gehabt. Erst haben die beiden unglaublich viel eingekauft, weitere Dieselkanister kamen an Bord, alles mögliche wurde kontrolliert, geputzt und gewaschen. Kurzum, es herrschte sehr geschäftiges Treiben bei uns. Aufbruchstimmung machte sich breit, die kleine Gummiwurst wurde zusammengerollt und verstaut, der Anker wurde ein letztes Mal aus dem weißen Sand aufgeholt, und dann war der Moment des Abschiednehmens da: Good bye Karibik. Das war eine merkwürdige Stimmung bei den beiden. Hätte nur noch gefehlt, dass einer angefangen hätte zu heulen.

Einige Tage waren wir schon ganz gut unterwegs, als sich uns plötzlich mitten auf dem weiten Meer ein Hindernis in den Weg gelegt hatte. Ich hatte gerade so ein bisschen vor mich hin gedöst und schon an den nächsten Ankerplatz gedacht, wo ich mich ausruhen und einige meiner neuen Bekannten treffen würde. Da taucht doch so mir nichts dir nichts ein riesiger Wal vor mir auf! Liegt der da faul und unbeweglich genau auf meinem Kurs! Unglaublich. Zum Glück kam gerade eine Welle, die mich fast über ihn weggehoben hat. Ganz habe ich es aber nicht geschafft und ihn mit meinem Ruderblatt erwischt. Ist nochmal gutgegangen, aber der Schreck ist mir ganz schön in die Spanten gefahren. Und wie der mich angestarrt hat! Na ja, vielleicht hat er auch gerade gedöst und sich erschreckt. Wir sind aber dann gut angekommen auf dieser Insel, die so heißt, wie die kurzen Hosen, Bermuda. Einige meiner Kumpel waren schon da, das gab vielleicht ein Hallo! Ein Rufen und Winken war das, herrlich! Ein paar schöne Tage in netter Gesellschaft hatten wir da. Das Wasser war aber schon nicht mehr so schön warm und türkis.

Nach ein paar Tagen ging es auch schon wieder los. Viele Leute haben uns zum Abschied gewunken und manche haben sogar ganz laut getutet, und schon waren wir wieder auf dem großen, tiefen Wasser unterwegs. Wir kamen ganz gut voran. Manchmal, wenn der Wind fehlte, musste der Volvo ein bisschen mithelfen. Aber das Schlimmste war, dass es immer kälter wurde. Nicht eisig kalt, aber eben nicht mehr so schön warm, wie ich es in den letzten Monaten gewohnt war. Irgendwann hatten wir es geschafft und diese Inseln erreicht, die mitten im Atlantik liegen. Wie heißen die noch? Ach ja, die Azoren.

Allmählich hätte es mit den langen Strecken auch mal gut sein können. Aber nein, die nächste Etappe war auch noch mal sehr, sehr lang - und anstrengend. Manchmal nur wenig oder gar kein Wind, und der Volvo musste sich dann voll reinhängen. Brumm, rappel, vibrier, nerv. Irgendwann war es tatsächlich geschafft. In einer Bucht haben wir an einer Mooringboje festgemacht. Wie heißen diese Inseln noch gleich, kurz vor England? Ja genau, die  Isles of Scilly.

Hier gab es auch nur eine kurze Verschnaufpause, es ging fröhlich weiter von Hafen zu Hafen. Aber nur noch kurze Strecken. Immer schön gemütlich an der Küste lang. Das ist aber auch nicht langweilig. Gestern zum Beispiel ging es über den Ärmelkanal, wie ein gehetzter Hase zwischen den ganz dicken Pötten durch. Immer schön mit viel Abstand, aber trotzdem. So viel Verkehr bin ich gar nicht mehr gewohnt.

Unsere schöne und lange Reise geht jetzt bald zu Ende. Noch sechs oder sieben Häfen, dann schwimme ich wieder im Weserwasser! Oh wie ich mich schon auf meine Box in Bremerhaven freue! Unterwegs zu sein ist ja ganz schön, aber nach langer Zeit nach Hause kommen ist mindestens genauso schön!